Hundepfeifen-Beginnerguide – so klappt der Rückruf mit der Hundepfeife
In unserem Artikel Warum wir nicht ohne Hundepfeife rausgehen haben wir Euch bereits erklärt, aus welchen Gründen wir die Hundepfeife als super praktisches Hilfsmittel sehen. Viele haben sich dafür interessiert, wie wir den Rückruf bei unseren Hunden trainiert haben und worauf dabei zu achten ist. Daher haben wir einen ausführlichen Artikel dazu verfasst, der zeigt, wie wir die Sache angegangen sind.
Rückruf aus jeder Situation, das ist unser Ziel.
Bevor wir erläutern, wie wir den Rückruf mit der Hundepfeife bei unseren Hunden aufgebaut haben, möchten wir uns zunächst nochmal das exakte Ziel dieses Kommandos vor Augen führen.
Der Hund soll auf Pfiff zuverlässig, ohne Zögern und vor allem freudig zu uns kommen. Er soll nicht abwägen und nicht noch kurz das zu Ende bringen, was er gerade tut, sondern umdrehen und kommen.
Später, wenn der Rückruf mit der Pfeife perfekt sitzt, wird es egal sein, aus welcher Situation wir den Hund abrufen. Selbst aus dem Spiel oder aus anderen, für den Hund besonders reizvollen Situationen, werden wir ihn an unsere Seite rufen können.
Das Ziel ist abgesteckt – jetzt folgt die große Frage: Wie erreichen wir dieses Ziel?
Die Antwort ist ganz einfach:
Mit einer sauberen Konditionierung und viel üben, üben, üben. Ja, auch wir kennen leider keine Zauberformel, durch die der Hund über Nacht auf die Pfeife hört. Dennoch zeigen wir Euch, dass der Aufwand sich lohnen wird und dass das Ganze gar nicht so schwer ist.
Der größte und im Grunde auch einzige Fehler ist, die eigenen Ungeduld nicht im Griff zu haben und nach einigen Erfolgserlebnissen davon auszugehen, dass der Rückruf von nun an immer klappt.
Wie eigentlich immer im Hundetraining gilt: Es trainiert nicht nur der Hund, sondern mit ihm vor allem auch wir selbst.
Der Grund warum Ungeduld den Trainingserfolg verhindert ist, dass ein misslungener Pfiff die vorherigen 50 erfolgreichen Rückrufe wieder kaputt machen, oder das Rückrufsignal zumindest schwächen kann. Beginnt also wirklich bei Null und steigert die Schwierigkeit nur langsam.
Welches Signal soll’s denn sein?
Als Rückrufsignal haben wir übrigens den Doppelpfiff („Piep Pieeep“) ausgewählt. Dieser ist wohl auch das am häufigsten verwendete Signal. Andere Signale sind selbstverständlich möglich, aber bedenkt, dass ihr das Signal schnell abgegeben müsst – ein kleines Liedchen eignet sich also weniger.
Außerdem sind z.B. im Dummytraining ganz bestimmte Pfiff-Muster üblich. Wenn ihr also eines dieser Signale anders belegt, könnte es im Training mit einer Gruppe zu Verwirrungen kommen.
Dennoch liegt die endgültige Entscheidung natürlich bei Euch und es gibt hier keine festen Regeln.
Zuletzt bedenkt, dass ihr das Signal konsistent einsetzen müsst, damit es klappt. Wenn man ein bestimmtes Signal schon eine Zeit verwendet hat, sollte man sich nicht mehr umentscheiden. Das verwirrt den Hund und man fängt im Grunde wieder ganz von Vorne an.
Wir haben bei uns zu Hause mit dem Training begonnen. Dort fühlt sich der Hund sicher und hat vor allem keine Ablenkung. Dies ist ganz wichtig, denn nur ohne Ablenkung können wir das Signal gezielt aufbauen und auf ein Level bringen, auf dem wir den Schwierigkeitsgrad erhöhen und den Rückruf mit Pfeife auch draußen üben können.
Setzt die Hundepfeife bitte anfangs nur im Training ein. Niemand sollte die Pfeife außerhalb des Trainings einfach mal so zum Spaß benutzen.
Die Wahl der passenden Belohnung
Die Konditionierung erreichen wir über eine positive Verstärkung. Der Hund erhält also bei erwünschtem Verhalten eine Belohnung. Diese kann ein Leckerchen oder auch das Lieblingsspielzeug sein.
Falls ihr ein Spielzeug auswählt, ist wichtig, dass dieses für den Hund wirklich etwas Besonderes sein muss.
Es sollte also ein Spielzeug sein, dass nur dann zum Vorschein kommt, wenn der Hund sich wirklich eine Belohnung verdient hat (generell sollten Spielzeuge nicht dauerhaft einfach so rumliegen und dem Hund ständig zur Verfügung stehen, aber dazu später einmal mehr). Der Hund muss alles tun wollen, um an das Spielzeug heran zu kommen. Ihr wisst selbst am besten, worauf Euer Hund gut reagiert.
Natürlich kann man den Hund auch mit der Stimme und ausgiebigen Streicheleinheiten loben. Hier ist aber zu beachten, dass nicht alle Hunde es als Belohnung empfinden gestreichelt zu werden. Auch weil man sich oft unbewusst über den Hund beugt, was im Grunde eine drohende Haltung darstellt.
Sollte man es ohne „materielle“ Belohnung versuchen wollen, dann nur, wenn man weiß, dass bereits eine enge Bindung besteht und der Hund das Lob mit Stimme und Körperkontakt sehr schätzt.
Bei unseren immer hungrigen Labradoren fiel die Wahl nicht schwer. Sie fressen stets mit größter Passion und würden für einen Krümel gefühlt alles tun. Daher haben wir uns für die Belohnung mit Leckerchen entschieden.
Dennoch haben wir etwas tiefer in die Leckerchen-Trickkiste gegriffen, denn auch die Futter-Belohnung muss wirklich etwas Besonderes sein.
Denn der Hund kommt natürlich nicht, weil der Ton der Pfeife so schön klingt, sondern weil er nach ausreichendem Training weiß, was Ihn nach dem Pfiff erwartet, bzw. erwarten könnte.
Die Art der Belohnung sollte also davon abhängen, was ihr sonst so als Belohnung einsetzt. Legt einfach nochmal eine ordentliche Schippe drauf.
In Sachen Futter ist das oberste der Gefühle bei Hunden wohl Katzenfutter, wobei wir uns dieses für ein anderes Signal aufgehoben haben. Rohes Rinderhack, Leberwurst oder Fleischwurst sollen auch gut funktionieren. Probieren geht über studieren.
Da wir sonst meist einen Teil des normalen Trockenfutters als Leckerchen und Belohnung geben, war Fleischwurst besonders genug.
Das Training mit der Hundepfeife beginnt.
Jetzt aber „Butter bei die Fische“ [oder Pfiffe]. So haben wir den Rückruf mit Pfeife trainiert:
Ganz zu Anfang haben wir eine paar Tage lang den Doppelpfiff unmittelbar vor jeder Mahlzeit des Hundes eingesetzt. Einfach das Signal pfeifen und dann sofort das Futter hinstellen. Der Hund lernt so, dass der Pfiff grundsätzlich etwas ziemlich tolles bedeutet und dass es sich lohnt in eurer Nähe zu sein, wenn der Pfiff ertönt. Und das ist ja die Grundlage für einen stabilen Rückruf.
Danach haben wir zusätzlich angefangen gezielt zu trainieren. Das Training zu zweit erleichtert den Aufbau der Übung sehr. Vielleicht hab ihr jemanden, der Spaß daran hat, Euch beim Training zu helfen. Die Pfiffe vor dem Füttern könnt ihr übrigens erstmal beibehalten.
So sah der Übungsaufbau am Anfang bei uns aus:
Wir haben uns jeweils an das Ende unseres Flures gesetzt. Der Flur hilft, da er in der Regel wenig Ablenkung und wenig Platz zum „Abschweifen“ bietet. Natürlich geht es auch in jedem anderen Raum, wobei der Abstand der Personen nicht zu gering sein darf (sonst bekommen wir Probleme mit unserem Timing).
Finja war bei einem von uns, der andere hat sie mit hoher Stimme zu sich gelockt. Dabei sind wir in die Hocke gegangen und haben zusätzlich die Arme einladend geöffnet. Wenn Finja eindeutig und zügig kam, haben wir den Doppelpfiff abgesetzt. Bei der Ankunft gibt es dann die Mega-Belohnung.
Sollte der Hund verhalten oder zögerlich wirken, hilft es, ihn mit der Stimme anzufeuern. Ihr merkt auch am Blick des Hundes, worauf er gerade fokussiert ist. Schult hier eure Auffassungsgabe und euren Beobachtungssinn. Pfeift nur, wenn der Hund wirklich im Begriff ist, zu euch zu kommen.
Das anfängliche Locken und anfeuern ist nötig, da der Hund den Pfiff ja noch nicht wirklich kennt. Zwar sollten die ersten Tage und die Pfiffe vor der Futtergabe schon einen Eindruck hinterlassen haben, hier ist aber jeder Hund anders. Die einen haben es nach wenigen Malen raus und brauchen daher wenig bis keine Aufforderung, andere benötigen etwas mehr Training, bis der Pfiff seine Wirkung zeigt.
Es ist kein Problem, dass ihr Anfangs noch lockt, wenn ihr merkt, dass der Pfiff selbst noch zu keiner eindeutigen Reaktion führt. Im Gegenteil, es ist sogar sehr wichtig. Denn wenn ihr den Pfiff zu früh „allein“ einsetzt und der Hund nicht kommt (was sehr wahrscheinlich ist), so lernt er, dass der Pfiff im Grunde bedeutungslos oder zumindest für ihn nicht sonderlich relevant ist.
Alternative zum Locken: Vom Hund gezeigtes Verhalten „einfangen“
Für die ganz Geduldigen oder wenn der Hunde generell häufig ohne Aufforderung zu Euch gelaufen kommt, könnte man die Übung auch ohne Locken durchführen. In diesem Fall würde man darauf warten, dass der Hund das gewünschte Verhalten (also das Kommen) von sich aus zeigt.
Gerade Welpen und Junghunde zeigen diese Verhalten oft und laufen überschwänglich auf ihre Frauchen und Herrchen zu. Wenn das bei Euch der Fall ist, solltet ihr das nutzen.
Wenn man es auf diese Weise versucht ist aber Eines ganz wichtig:
Das Verhalten muss eindeutig sein und wir brauchen das perfekte Timing. Lungert der Hund irgendwo im Raum herum und tapst zwei Schritte in eure Richtung, bedeutet das noch nicht, dass er auch die Absicht hat zu euch zu kommen. Wenn man jetzt den Pfiff absetzet, konditioniert man ggf. nicht das, was man eigentlich wollte.
Hier müsst ihr selbst einfach genau beobachten und einschätzen, ob euer Hund gerade nur eines im Kopf hat: Zu euch zu laufen. Wenn ihr es schafft, in genau diesem Moment den Pfiff abzusetzen, bravo! Ansonsten lieber etwas nachhelfen. Das ist keine Schande!
Zurück zu unserem Training mit Finja.
Wenn sie zügig kam, gab es was von der Schinkenwurst (allein der Geruch der Schinkenwurst hat sie zum Kommen verleitet, das erleichtert den Lernerfolg). Und dann das ganze Spiel wieder zurück. Ca. 4-5 Mal. Diesen Schritt haben wir 2-3 mal am Tag wiederholt.
Denkt daran: lieber häufige, kurze Trainingssequenzen als einmal im Monat drei Stunden zu üben.
Der Hund soll nicht überfordert werden. Dies gilt gerade auch bei Welpen und Junghunden, da diese sich noch nicht sehr lange konzentrieren können.
Wer auf diese Weise trainiert, wird nach kürzester Zeit merken, dass der Hund verstanden hat, dass am Ort des Pfiffes eine tolle Belohnung wartet. Das ist die Basis für das weitere Training.
Wenn dieser einfache Übungsaufbau sicher klappt, kann einer den Hund bei sich halten und der andere kann in einen anderen Raum gehen um von dort den Doppelpfiff abzusetzen.
Wenn der Hund zügig kommt, gibt es wieder die Superbelohnung - falls nicht muss man wieder einen Schritt zurück gehen und weiterhin mit kleineren Entfernungen und Sichtkontakt üben.
Ab nach draußen – Rückruf außerhalb der eigenen vier Wände.
Wenn der Rückruf in der Wohnung zuverlässig klappt, kann mit dem nächsten Trainingsschritt fortgefahren werden. Wir haben uns dazu eine Wiese ausgesucht die Finja kennt und wo zum Zeitpunkt des Trainings keine anderen Hunde waren.
Denkt daran, dass allein die Wiese mit ihren Gerüchen schon eine große Ablenkung sein kann!
Beobachtet daher das Verhalten Eures Hundes genau. Wenn ihr merkt, dass die Ablenkung zu groß ist, versucht es an einer anderen Stelle, oder vielleicht an einem anderen Tag. Fahrt im Zweifel noch einige Zeit mit dem Training in der Wohnung fort.
Wir haben uns auf der Wiese wieder gegenüber aufgestellt und genau wie im Flur abwechselnd gepfiffen (natürlich mit entsprechenden Pausen für Belohnung und bis der Hund augenscheinlich wieder aufnahmefähig für ein Kommando war).
Finja hat sehr schnell gelernt, dass es etwas richtig Feines gibt, wenn sie kommt. Zudem haben wir uns immer über alle Maßen enthusiastisch gefreut und sie ausgiebig gelobt.
Wenn dieser Schritt wirklich sicher klappt, könnt ihr anfangen, den Hund aus dem Freilauf abzurufen. Auch hier gibt es die super Belohnung und einen kleinen Freudentanz.
Jetzt wird es umso wichtiger, dass ihr Euren Hund lernt zu lesen und im entscheidenden Moment zügig Euer Kommando absetzt. Wenn der Hund gerade die super Duftwolke in der Nase hat, wird er es sich sicherlich zweimal überlegen ob er kommt. Das Signal ist, auch wenn es so scheint, jetzt noch nicht wirklich konditioniert, dazu sind hunderte, manche sagen tausende, Wiederholungen nötig.
Pfeift nur, wenn Ihr Euch sicher seid, dass Euer Hund kommt.
Melanie Friedmann schlägt in Ihrem Blog folgendes vor: Würdet Ihr vor Ausführung des Rückruf-Pfiffs 200 Euro darauf wetten, dass der Hund auch wirklich kommt? Dann dürft ihr pfeifen. Eine tolle Merkhilfe, wie wir finden!
Ablenkung schrittweise steigern, aber mit Geduld und Bedacht
Im Folgenden kann die Ablenkung immer weiter gesteigert werden. Falls Euer Hund mal nicht auf den Pfiff reagiert, war die Ablenkung zu groß und ihr solltet einen Trainingsschritt zurück gehen. Das kann immer mal vorkommen, versucht diese Situationen aber stark zu minimieren.
Und nicht entmutigen lassen. Ein „Ach jetzt ist es auch egal“ solltet ihr Euch selbst nicht durchgehen lassen. Geht nach einem Misserfolg umso konsequenter ans Werk. Hinterfragt euch selbst, achtet noch mehr auf die Körpersprache Eures Hundes. Dann klappt es bald wieder besser.
Bis Ihr Euren Hund sicher aus einem Spiel mit Hundekumpels abrufen könnt, benötigt man viele viele Wiederholungen und auch Zeit.
Es bringt wenig an 5 Tagen 500 Wiederholungen „durchzujagen“. Zum einen, weil der Hund dann garantiert überfordert wird und die Lust verliert. Und zum anderen, weil das Verhalten sich in so kurzer Zeit trotz vieler Wiederholungen nicht wirklich festigen kann.
Den Rückrufpfiff nicht nur dann nutzen, wenn es ernst wird
Auch wenn Euer Hund den Rückruf mit der Pfeife beherrscht, ist es wichtig, dass ihr ihn weiterhin übt und zwar immer wieder auch in neutralen Situationen.
Benutzt ihr den Pfiff immer nur dann, wenn ihr den Hund von der Kaninchenfamilie fernhalten wollt, wird der Hund das schnell erkennen und der Pfiff bedeutet für ihn bald „Oh fein, hier muss irgendwo was wirklich Spannendes sein“.
Daher ruft Euren Hund zwischendurch immer mal wieder ab, wenn gerade rein gar nichts passiert.
Die Konditionierung auf den Pfiff sollte zwischendurch auch immer wieder „aufgeladen“ werden. Selbst wenn es draußen schon aus dem Freilauf klappt, sollte man hin und wieder einen Schritt zurück gehen und den Rückruf Zuhause ohne jegliche Ablenkung üben.
Auch nicht unwichtig ist, was nach dem Rückruf passiert. Ja klar, der Hund wird ordentlich belohnt. Das ist klar. Aber wenn wir den Hund immer nur abrufen, um ihn kurz darauf anzuleinen, wird dieser sich das merken.
Es ist also sehr wichtig, ein wenig unberechenbar zu sein.
Mit der Zeit können wir die Belohnungen verringern. Mal gibt es nur ein Lob mit Worten, mal ein kleines Leckerchen und mal einen „Jackpot“. So weiß der Hund nie, was nach dem Pfiff auf ihn wartet. Das verhindert, dass er selbst abwägt und entschiedet: Im Mäuseloch buddeln oder 3,54 Gramm Leberwurst.
Was die Sendung mit dem „Zonk“ mit dem Hunderückruf zu tun hat
Kennt ihr die Sendung mit dem Zonk? Die Leute zocken um etwas was sie bereits sicher gewonnen haben, ohne zu wissen, was sie im Tausch dagegen erhalten oder ob sie am Ende leer ausgehen.
Alleine der Gedanke, dass hinter dem Törchen noch etwas viel Tolleres sein könnte, lässt sie das bereits Gewonnene aufs Spiel setzen, auch wenn sie am Ende ohne Gewinn nach Hause gehen könnten.
Genau so ist es bei unseren Hunden. Überrascht sie hin und wieder und sie werden sich das genau merken!
Und jetzt: Viel Erfolg und Spaß beim Trainieren!
So haben wir unseren Hunden den Rückruf mit Hundepfeife beigebracht, es gibt sicherlich nochviele andere Methoden und Herangehensweisen.
Bei uns hat diese Vorgehensweise jedenfalls bestens funktioniert. Wenn Ihr Euch unsicher seid, fragt Eure Hundetrainer. Sie können Euch beim Aufbau unterstützen.
Falls ihr Fragen oder Anmerkungen habt, hinterlasst gerne einen Kommentar. Wir sind gespannt auf Eure Ergebnisse.